Mittlerweile gibt es viele Schnittmuster in richtig vielen Größen, sodass selbst Plus Size Größen wie ich tolle Schnitte finden können. Und doch gibt es immer wieder Schnitte, die mich umhauen, in die ich mich auf den ersten Blick verliebe und die mir dann das Herz brechen. Es gibt sie nicht in meiner Größe. Das sind vor allem moderne, schlichte Schnitte mit den gewissen Details.
Lange habe ich mich davor gedrückt, diese Schnitte einfach auf meine Größe anzupassen. Ich bin eine „Schnellnäherin“, habe keine Geduld für lange Projekte und bin am liebsten in zwei Stunden fertig. Schon das Abpausen von Schnitten auf Mehrschnitt-Schnittmusterbögen kommt nur in Ausnahmefällen vor. Aber dann kam Bine von Echt Knorke mit ihrer „Schnieken Wiebke“ daher und ich wusste schon nach dem ersten Bild, die Wiebke, die will ich! Dieser Blazer, der gleichzeitig schick und cool ist, ich musste ihn haben.
Die ernüchternde Erkenntnis, dass es den Blazer nur bis Größe 46 gibt, traf mich dieses Mal nicht lang. Ich habe ziemlich schnell entschieden, dass ich mir den Schnitt einfach selbst gradieren werde. Und wie das geht, erkläre ich dir heute direkt am Schnitt der Schnieken Wiebke. Es ist echt kein Hexenwerk, es kostet nur ein wenig Zeit.
So ermittelst du deine Größe
Um zu wissen, um wie viel Zentimeter du den Schnitt vergrößern musst, solltest du als erstes die Maßtabelle studieren und dich selbst vermessen. Für die Schnieke Wiebke gibt es keine Körpermaßtabelle, nur eine Fertigmaßtabelle. Das heißt, in den angegebenen Maßen sind schon Bewegungs- und Bequemlichkeitszugaben enthalten. Ich habe mich anhand der Maße und an meiner Kaufgröße orientiert, die normalerweise die 52 ist. Blazer trage ich aber grundsätzlich offen und ich finde nichts schlimmer, als wenn die Vorderteile nur so herumschlabbern. Deshalb habe ich den Schnitt nur um zwei Größen auf eine 50 vergrößert. Nachdem ich alle Schnittteile neu gezeichnet habe, habe ich nochmal nachgemessen und mich vergewissert, dass die fertigen Maße mir auch wirklich passen würden. Das solltest du auch tun. Mach dies aber bitte, bevor du die Schnittteile ausschneidest.
Schnittmuster gradieren – So geht es
Wenn du einen Papierschnitt hast, kannst du dir direkt ein Geodreieck, ein langes Lineal, einen Stift und im Optimalfall ein Kurvenlineal und Schnittmusterpapier zurechtlegen. Ansonsten heißt es erstmal drucken,schneiden, kleben. Aber bitte, schneide noch keine Schnittteile aus!
Das Kurvenlineal hilft dir bei Rundungen und das Schnittmusterpapier kannst du dir über deinen Schnittbogen legen, ihn fixieren und direkt darauf zeichnen. So bleibt dir der original Schnittbogen erhalten. Snaply hat seit kurzem Pergamin Schnittmusterpapier im Angebot und das ist total super! Man kann durch dieses Papier perfekt sehen und dabei ist es deutlich reißfester als herkömmliches Schnittmusterpapier. Ich habe schreibe das nicht, weil Snaply mir eine Rolle geschenkt hat, sondern weil ich wirklich überzeugt bin!
Wenn du alles beisammen hast, kann es auch schon losgehen.Wähle dir ein Schnittteil aus. Ich beginne mit dem seitlichen Rückenteil der Schnieken Wiebke. Wenn du Schnittmusterpapier nutzt schneide dir ein Stück zurecht und fixiere es über deinem gewählten Schnittteil. Jetzt heißt es, immer wieder messen. Ich beginne am Saum. Meinen Schnitt möchte ich um zwei Größen vergrößern, das heißt, ich messe an einer beliebigen Stelle am Saum den Abstand von der Größe 44 zur 46, das sind bei mir 4mm, und nehme diese doppelt, denn ich will ja nicht um eine sondern um zwei Größen vergrößern. Meinen neuen Saum verschiebe ich an der gemessenen Stelle also um 8mm nach unten.
Da dieser gemessene Sprungwert aber nicht an jeder Stelle gleich ist, muss ich in kurzen Abständen immer wieder messen und meinen neuen Saum markieren.
Bei meinem Schnittteil ändert sich der Sprungwert im Laufe der Saumstrecke von 4mm auf 5mm, was am Ende einen Unterschied von 2mm macht. Das mag beim Saum noch nicht so wichtig erscheinen, bei den Seitenteilen ist es allerdings wirklich wichtig, genau zu arbeiten. Denn würde ich an allen Seiten der einzelnen Schnittteile 2mm zu wenig haben, wären das allein am Rückteil schon 1,2cm die mir später im Umfang fehlen würden.
Genau wie am Saum messe und markiere ich mir auch die Seiten, das Armloch und die Schulterlinie neu aus. Ich arbeite mich also einmal rundherum. Anschließend kann ich alle Punkte miteinander verbinden.
Bei Rundungen hilft ein Kurvenlineal total, mit diesem lässt sich einfach sauberer zeichnen.
An den Ecken verlängere ich die Linien so, dass sie sich kreuzen.
Zuletzt muss ich noch alle Knipse und Schnittmarkierungen auf das neue Schnittteil übertragen. Wenn der Knips mit den Größen wandert,geschieht das wieder indem der Abstand vom Größe 44 Knips zum Größe 46 Knips gemessen und anschließend mit der Größenerweiterung multipliziert wird. Bei mir wären das wieder 4mm die ich mal zwei nehmen muss, da ich ja um zwei Größen vergrößere. Bei Knipsen die über alle Größen an der gleichen Stelle liegen, lässt sich der Strich einfach verlängern.
Anschließend beschrifte ich das Schnittteil. Fadenlauf, Bruch, Name des Schnittteils und Name des Schnittmusters sowie die Größe und eine Notiz, ob die Nahtzugabe enthalten ist sollten auf jeden Fall aufgeschrieben werden. Bei der SchniekenWiebke übernehme ich außerdem den Hinweis, wo später offenkantig verarbeitet wird und ich keine Nahtzugabe benötige.
Genauso arbeite ich mich durch alle Schnitteile und zum Schluss habe ich ein fertiges Schnittmuster das meiner Größe passt.
Wenn du noch individuelle Änderungen am Schnitt vornehmen musst bzw. möchtest, dann mache das unbedingt erst nach der Gradierung. Denn erst dann kennst du die genauen Maße des Schnittmusters.
Außerdem rate ich dir, ein Probeteil zu nähen, um ggf. weitere Änderungen vornehmen zu können. Gerade bei der Schnieken Wiebke geht das durch die Teilungsnähte ganz wunderbar.
Um wie viele Größen sich ein Schnitt mit dieser Methode gut vergrößern lässt, kann ich leider nicht genau sagen. Ich rate aber dazu, um nicht mehr als drei bis vier Größen zu vergrößern, da sich die Sprungwerte normalerweise ändern würden, es mit dieser Methode aber nicht tun.
Meinen Schnieke Wiebke Blazer habe ich übrigens aus demRoswitha Sommersweat in navy von Snaply genäht. Dazu habe ich das Glitzerbündchen Sparkling Marine Silber kombiniert.
Ich habe es nicht nur am Kragen verwendet, sondern auch an die Taschen und Ärmelsäume genäht.
Ein weiterer Blazer liegt hier zugeschnitten aus rotem Sommersweat, diesen werde ich am Kragen mit rotem Bündchen nähen und auf sonstige Extras verzichten, das Rot ist schon Blickfang genug!
Welchen Schnitt wirst du als erstes vergrößern? Ich bin super gespannt und freue mich, wenn ich dein Werk zu sehen bekomme. Ich werde mir als nächstes das „Feine Irmchen“ ebenfalls von Echt Knorke vornehmen und bin schon ziemlich gespannt, wie es aussehen wird.
Alles Liebe
Christina
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